Die innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis90/Die Grünen, Irene Mihalic, sprach in der Veranstaltung „Freiheit schützen – Sicher leben“ über Themen von Innere Sicherheit und Salafismus in Deutschland bis Alkoholverbot in Herford mit Landrat Jürgen Müller, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei, Ralf Walpurgis und Bürgerinnen und Bürgern in einer offenen Diskussion in der Martinsklause.
Die 40jährige Bundestagsabgeordnete, die selbst langjährig bei der Polizei in NRW tätig war, hatte sich zuvor am Nachmittag schon über die Herforder Projekte „Demokratie leben“ (Bundesprogramm für präventive Arbeit gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit) und „Wegweiser“ (Beratungsstelle gegen gewaltbereiten Salafismus) – informieren und einiges zur Vernetzung in Herford erfahren können .
In ihrem Eingangsstatement sagte Mihalic, das Deutschland objektiv einer der sichersten Staaten der Welt sei, dass allerdings Angst und Verunsicherung in der Bevölkerung durch die Anschläge an vielen Orten subjektiv hoch seien. Langwierige politische Gerangel anstelle gründlicher Untersuchungen könnten dem entgegenwirken. Anstelle der Forderung nach immer neuen verschärften Gesetzen wäre die Anwendung der bestehenden Gesetze und eine deutlich verbesserte Zusammenarbeit der unterschiedlichen föderalen Ebenen Kommunen, Länder und Bund eine gute Voraussetzung, dazu gehöre die langfristige Förderung von Prävention vor Ort.
Einig waren sich die drei Diskutierenden untereinander in der Forderung nach einer verbesserten personellen und materiellen Ausstattung der Polizei, „demografiefest“ nannte das Mihalic. „Im Kreis Herford lebt man relativ sicher“, so Müller, aber zur subjektiven Sicherheit gehöre die Sichtbarkeit der Polizei in Uniform. Von 2000 bis heute sei die Zahl der verfügbaren Beamten allerdings von 360 auf 316 zurückgegangen, denen dann auch noch weniger Fahrzeuge zur Verfügung stünden. Walpurgis beklagte, dass die Arbeitsbelastung zugenommen habe, auch bei der Justiz und es frustierend sei, das ermittelte Verfahren manchmal wegen Verjährung eingestellt würden. Unter Berücksichtigung der Demografie wollte er verstanden wissen, dass der Streifendienst für 62jährige meist körperlich kaum zu schaffen sei. Das gegenwärtig in der Stadt Herford aktuelle Thema eines Treffpunkts von Personen in der Nähe, deren Verhalten Passantinnen und Passanten aus Angst andere Wege wählen läßt, wurde diskutiert.
Klar wurde dabei, dass garantierte Grundrechte nicht beschnitten werden dürften und es eher eine sozialarbeiterische Aufgabe sei, die der Rat der Stadt aber längst auf den Weg gebracht habe. „Eine Lösung der schwierigen Situation am Martinsgang kann nur auf Basis von Respekt, Kommunikation und Überzeugungskraft und nicht mit rechtlich fragwürdigen Ordnungsmaßnahmen wie einem Alkoholverbot gefunden werden“, so der Moderatur Herbert Even von der grünen Ratsfraktion. Salafismus in Herford konnte nicht unerwähnt bleiben.
Auch angesichts der guten Vernetzung der Herforder Beratungsstellen fehlt nicht nur der Polizei und dem Staatsschutz an Personal, sondern es fehlt auch Personal für Sozialarbeit und Fortbildung von der JVA bis zu den Schulen. Der fehlende Respekt gegenüber Personen mit öffentlichem Auftrag (Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr, Beschäftigten im Jobcenter, Lehrerinnen, Lehrer u.a.) wurde aufgegriffen. Mihalic sprach sich dabei deutlich gegen ein Sondergesetz für bestimmte Personenkreise aus, dem wurde auch nicht widersprochen. Zusammengefasst wurde die Diskussion: Sicherheit als wichtiges öffentliches Gut wird mehr kosten als in der Vergangenheit – Sicherheit heißt auch Präsenz – Respekt für Menschen ist ein öffentlicher Auftrag.