INKLUSION WIRFT VIELE FRAGEN AUF

Birgit Fröse-Kindermann, Erhard Kirchhof, Nadin Quest und Sigrid Beer
Birgit Fröse-Kindermann, Erhard Kirchhof, Nadin Quest und Sigrid Beer

Beigeordnete, Schulleiter und Landtagsabgeordnete diskutieren

Text und Copyright Christina Bode // Herforder Kreisblatt vom 24.09.2016

Herford(HK). Als Generationenaufgabe sieht Sigrid Beer die Inklusion von Kindern mit Förderbedarf an Regelschulen. Die Grünen hatten ihre Landtagsabgeordnete, KMG-Schulleiter Erhard Kirchhof und Beigeordnete Birgit Froese-Kindermann zu einer Podiumsdiskussion mit Ratsfrau Nadin Quest ins Haus unter den Linden eingeladen.

»Dass meine Kinder mit Inklusionskindern zur Schule gegangen sind, war das beste, was ihnen passieren konnte«, sagte Sigrid Beer. Anders, als Eltern oft befürchten, sei es eine leistungsstarke Klasse gewesen, in der die schwächeren von den stärkeren Kindern profitiert hätten – aber auch andersherum.

Von der Idee, Kinder mit Förderbedarf aufzunehmen, hätte das Kollegium am Königin-Mathilde-Gymnasium zunächst überzeugt werden müssen, berichtete Schulleiter Erhard Kirchhof. Seit Beginn des Schuljahres werden auf dem Stiftberg vier Kinder unterrichtet, die die Ziele des Lehrplans nicht erfüllen können. Letztendlich hätten sich problemlos Lehrer gefunden, die bereit waren, sich fortbilden zu lassen und auch von den Eltern sei das Thema positiv aufgenommen worden. Dennoch habe es Fragen – vor allem zur Gerechtigkeit – gegeben, berichtet der Schulleiter. Ist es gerecht, dass Inklusionskinder in die siebte Klasse versetzt werden, wenn Leistungsschwache die Schule verlassen müssen? Und welchen Abschluss kriegen diese Kinder, wenn ein Gymnasium gesetzlich nur das Abitur vergeben darf? Vor allem die Frage des Abschlusses müsse dringend gesetzlich geregelt werden, sagte Beer.

Beigeordnete Birgit Froese-Kindermann gab zu, dass das KMG mit einer Sozialarbeiterin und einer Förderlehrerin zunächst besser als andere Schulen in der Stadt ausgestattet worden sei. Eine Gesamtschullehrerin aus Spenge berichtete daraufhin von ihren Erfahrungen. »Wir unterrichten seit vier Jahren Kinder mit Förderbedarf. Die personellen Bedingungen haben sich im Laufe der Jahre allerdings extrem verschlechtert«, sagte sie. Der Unterricht könne oftmals nicht mehr – wie ursprünglich geplant – von zwei Lehrern besetzt werden. Sigrid Beer erklärte, dass Lehrerfortbildungen in diesem Bereich intensiviert würden. Außerdem gebe es an den Universitäten mehr Studienplätze für Sonderpädagogik. Trotzdem würden Seiteneinsteiger gebraucht, denn nachdem 6 000 Stellen für die Arbeit mit geflüchteten Kindern geschaffen worden sind, sei der Markt leer gefegt. Schulleiter sollten darum in der Übergangszeit versuchen, Stunden von Teilzeitkräften aufzustocken oder Verträge von angehenden Pensionären zu verlängern. Auch appellierte sie an die Schulleiter, die in dem ohnehin recht übersichtlichen Publikum nur spärlich vertreten waren, Fördergelder abzurufen. »Von 25 Millionen Euro, die wir bereitgestellt hatten, sind im ersten Jahr nur 8,6 Millionen abgerufen worden. Dafür muss sich die Lokalpolitik einsetzen«, sagte sie. Dennoch sei Inklusion keine Sache, die in kurzer Zeit erledigt sei. »Inklusion muss über Generationen wachsen.«