Haushaltsrede 2015

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Bürgermeister Dumcke,

sehr geehrte Damen und Herren von der Verwaltung,

liebe Ratskolleginnen und –kollegen,

liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

sehr geehrte Presse,

„Fluctuat nec mergitur“ – Sie schwankt, aber sie geht nicht unter.

Das Motto des Stadtwappens von Paris lässt sich sinnbildlich auf die Haushaltslage der Stadt Spenge übertragen. Auch dieses Jahr werden wir keinen ausgeglichenen Haushalt verabschieden können und somit die Verschuldung der Stadt weiter erhöhen.

Ein „Weiter so“, wie in den letzten Jahren, kann diese Entwicklung nicht aufhalten, daher hat sich unsere Fraktion im letzten Jahr dafür eingesetzt, dass der vorgelegte Haushaltsentwurf wieder an die Verwaltung zurückgegeben wird und somit erst den Grundstein für den heute zu verabschiedenden Haushalt geschaffen.

Dieser heute zu beschließende Entwurf stellt in unseren Augen (und auch den der anderen Fraktionen und Herrn Kalla)  einen Wendepunkt für die finanzielle Situation der Stadt Spenge dar. Hat bislang das Prinzip Hoffnung regiert, so nehmen wir nun unsere wahrscheinlich letzte Chance wahr, einen drohenden Nothaushalt und die damit verbundene Fremdverwaltung  abzuwenden. Die Hoffnungen in der Vergangenheit auf Besserung der finanziellen Situation wie auch auf das Umdenken an übergeordneten Stellen haben sich leider als falsch erwiesen.

Wir sind an einem Punkt angelangt, wo nur noch „Big Points“ zählen und jeder dieser „Big Points“ muss sitzen.

Im ersten Haushaltsentwurf für 2015 wurde der Jahresverlust auf 3,3 Mio €uro beziffert, ein ausgeglichener Haushalt erst für das Jahr 2020 prognostiziert, allerdings gleichzeitig mit einem nahezu völligen Verzehr der Rücklagen verbunden. Dies bedeutet, dass, sobald in den nächsten 5 Jahren irgendwo eine halbe Million €uro Mehrkosten entstünden, die Stadt sofort überschuldet wäre.

Auch wenn es uns nicht hilft, wir stehen nicht als Einzige vor diesem Problem, viele Kommunen werden in den nächsten Jahren vor der Wahl stehen, nicht mehr handlungsfähig zu  sein oder den Weg zu gehen, den wir jetzt beschreiten. Selbst wenn wir aktuell mit die Ersten sein werden, es werden zukünftig noch viele Kommunen den Weg der Steuererhöhung gehen müssen.

Ungeachtet der Tatsache, dass auch bei uns in den vergangenen Jahren nicht unbedingt immer der Rotstift das Handeln bestimmt hat, liegt unser Kernproblem darin, dass wir in sehr großem Umfang Lasten tragen müssen, die wir nicht selbst beeinflussen können, wir zum Ausgleich nur an den Dingen sparen können, die wir selbst beeinflussen können. Angesichts der drohenden Steigerungen alleine bei den Sozialtransferaufwendungen können wir aber gar nicht so viel kürzen, um dieses ausgleichen zu können, selbst wenn wir damit in Spenge gewachsene und liebgewonnene Strukturen zerschlagen würden.

Der uns vorliegende Haushaltsentwurf und die angefügte Nachhaltigkeitssatzung zeigen einen Weg auf, wie Spenge mittelfristig aus der Misere herauskommen könnte. Ein einfacher, gerechter und nachvollziehbarer Weg.

Theoretisch betrachtet.

Er hat nur einen kleinen, aber entscheidenden Nachteil: der Preis, den wir, also die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt, dafür zahlen müssen, ist eigentlich viel zu hoch. Einigen fällt es schon jetzt schwer, ihre Abgaben zu entrichten, die vorgeschlagene Erhöhung der Grundsteuer B auf 650 Prozentpunkte wird bei vielen ein weiteres Loch ins Portemonnaie reißen und vielleicht für manchen sogar existenzgefährdend sein.

Dieser Umstand offenbart unser Dilemma, die haushaltspolitisch sinnvolle Steigerung um 100 Prozent ist andererseits sozialpolitisch nicht akzeptabel.

Zumindest in diesem Jahr wird es nur eine geringere Erhöhung geben, da wir die Anregung der UWG gerne aufgreifen und unterstützen, die Steuererhöhung erst ab dem Zeitpunkt „scharf“ zu stellen, an dem sie beschlossen wird. Das heißt, die Erhöhung auf 650 Prozentpunkte wird aus Bürgersicht gefühlt erst ab dem 1. Juli diesen Jahres durchgeführt, um damit hohe Nachzahlungen für das erste Halbjahr zu vermeiden.

Welche anderen Möglichkeiten als die massive Erhöhung der Grundsteuer B bleiben uns sonst? Die weiteren von der Stadt erhobenen Steuern, die Grundsteuer A und die Hundesteuer können, egal wie sehr wir da an der Gebührenschraube drehen würden, nicht als haushaltsrettend angesehen werden. Bliebe noch die Gewerbesteuer. Die Verwaltung hat in ihren Entwurf eine Nullrunde vorgeschlagen, aber der gemeinsame Antrag mit der SPD und UWG mit einer – nur leichten Erhöhung – findet unsere Zustimmung. Selbst wir Grüne können uns der Argumentation nicht verschließen, dass  wir lagebedingt nur wenige Gewerbebetriebe haben, die Gewerbesteuer zahlen und nur wenige Möglichkeiten, neues Gewerbe ansiedeln zu können, sodass es nicht zielführend ist, diese Betriebe zusätzlich zur massiven Erhöhung der Grundsteuern auch noch über die Gewerbesteuern zu belasten.

In der Nachhaltigkeitssatzung, die mit dem Haushalt beschlossen werden soll, ist die Verpflichtung festgeschrieben, alle drei Jahre zu prüfen, ob Überschüsse über eine Anpassung der Hebesätze der Grundsteuer A und B auszugleichen sind. Wir würden uns zwar wünschen, feste Zeitpunkte für verbindliche  Senkungssätze aufzunehmen, aber dies findet leider keine politische Mehrheit, da es zumindest in den ersten zwei oder drei Jahren mit noch höheren Hebesätzen verbunden wäre. Nichtsdestrotz hegen wir die Hoffnung, dass wir auf den jetzt eingeführten Generationenbeitrag (also den über die fiktiven Hebesetze hinaus erhoben Steuersatz) irgendwann ganz verzichten können.

Insbesondere auch deshalb, weil die Satzung auch die Wahrung der Interessen der zukünftigen Generationen zum Inhalt hat. Denn nur dann, wenn in einer Generation NUR die Ressourcen verbraucht werden, die auch tatsächlich zur Verfügung stehen, werden nachfolgende Generationen nicht ungerecht belastet. Damit würde der in §75 Gemeindeordnung vorgegebenen Pflicht zum Haushaltsausgleich mit dem Ziel der intergenerativen Gerechtigkeit Rechnung getragen.

Denn die Schulden von heute sind die Steuern von morgen.

Im Vorfeld der Haushaltsberatungen wurden von allen Beteiligten die Steuererhöhungen, wie sie jetzt vorgeschlagen werden, im Hinblick auf die Folgen als zu hoch angesehen. Dennoch hat sich jetzt eine Mehrheit dafür gefunden, da uns allen klar ist, dass wir nur damit sicherstellen können, auch zukünftig selber entscheiden zu können, welche Leistungen wir uns leisten wollen. Das ist nämlich der entscheidende Vorteil gegenüber einem verordneten Sparkommissar, der uns im Falle eines Nothaushaltes zwar die schmerzhaften Entscheidungen abnehmen würde, aber diese Entscheidungen nicht unbedingt zum Wohle der Stadt, sondern nur rein zahlenorientiert ohne Rücksicht auf spezifische Interessen unserer Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger treffen würde. Es gibt sicherlich den ein oder anderen vielleicht sogar hier Anwesenden, der die Wertigkeit und das Handeln eines Sparkommissars anders beurteilt, aber ich sage hier ganz klar:

gewählte Vertreterinnen und Vertreter sollten die ihnen übergebene Verantwortlichkeit nicht leichtfertig aus der Hand geben.

Bislang habe ich nur über die drohenden massiven Steuererhöhungen gesprochen. Aber wir würden es uns zu leicht machen, wenn wir nur die Einnahmeseite verbessern. Alle Fraktionen im Rat (und Herr Kalla) sind sich darüber einig, ohne Rücksicht auf „heilige Kühe“ alle Ausgaben der Stadt auf Einsparpotential zu überprüfen. Hier ist ja bereits das Schwimmbad Lenzinghausen angesprochen worden, gleichwohl müssen wir uns auch in diesem Jahr entscheiden, auf welche weiterführende Schule wir in Spenge verzichten wollen und auch, wie sich die Grundschulen umstrukturieren müssen. Weiterhin werden wir  in den nächsten Jahren auch im Bereich pflichtiger, also gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben prozentual sparen (müssen).

Wenn wir ehrlich sein wollen: Es kann keine Entscheidungen geben, die für die Einzelne bzw. den Einzelnen ohne schmerzhafte Auswirkungen bleiben wird.

Aber ich möchte auch deutlich betonen: Egal, wie brutal wir bei den Ausgaben sparen, die Dynamik der Kostensteigerungen werden wir alleine damit nicht ausgleichen können.

 

Zusammenfassend möchte ich sagen:

Wir stehen heute und in den nächsten Jahren vor großen Herausforderungen. Deshalb müssen wir uns alle auf die Bewältigung dieser Herausforderungen fokussieren. Die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt erwarten Lösungen von der Politik und der Verwaltung. Die derzeitige kritische Situation können wir aber nur gemeinsam bewältigen. Dies kann nur in einer von gegenseitigem Respekt getragenen Atmosphäre zwischen den Fraktionen (und Herrn Kalla), der Verwaltung und natürlich der Spenger Bürgerinnen und Bürger gelingen.

Ziel unseres gemeinsamen Handelns muss sein, die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass Spenge für uns alle ein Ort wird und bleibt, an dem wir gerne wohnen, arbeiten, einkaufen oder einfach nur einen Teil unserer Freizeit verbringen.

 

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit,

André Schröder

Fraktionssprecher Bündnis ´90 / die Grünen