S-Bahn OWL: Zuverlässigkeit ist der Schlüssel

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Herford. „Die Grundidee ist gut,“ ist das Fazit von Stephan Schröder vom Bahnzentrum Ingenieurbüro Bielefeld zum Konzept einer S-Bahn in OWL, „aber es geht einfacher und besser!“ Ein gutes Dutzend Zuhörende sind in die Kreisgeschäftsstelle der GRÜNEN in Herford gekommen, ein Teil davon virtuell zugeschaltet. Schröder erläutert das vom Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) avisierte Projekt „S-Bahn OWL“ und weist auf Stärken, Schwächen und Versäumnisse hin. Zuerst räumt Schröder mit falschen Vorstellungen auf: „Es geht hier nicht um die Etablierung einer eigenständigen S-Bahn wie in Hamburg oder Berlin, es geht um eine Erweiterung des bestehenden Angebots.“ Grundsätzlich sei das Konzept zu begrüßen und es enthielte auch keine Maßnahmen, die abzulehnen sind. Allerdings ist es nicht mit einer Erhöhung der Taktung durch zusätzliche Züge und Haltepunkte getan, um „das Angebot zu optimieren“ und „den Anforderungen im Rahmen der Verkehrswende gerecht zu werden“, wie es im Konzept heißt. Nach Schröder muss das Hauptaugenmerk darauf liegen, die Zuverlässigkeit im gesamten System zu erhöhen, um Pendler*innen zum Umstieg auf die Bahn zu bewegen. Dem stimmen die Anwesenden voll und ganz zu. „Eine schnelle Verbindung, die nur in der Theorie schnell ist, aber in der Realität nie stattfindet, nützt mir ja nichts,“ sagt zum Beispiel Irmgard Pehle, Kreissprecherin der GRÜNEN.

Stephan Schröders Kritik am Konzept ist konkret, dass es einige einfache Maßnahmen, die die Zuverlässigkeit erhöhen könnten, einfach links liegen lässt. Er nennt hier zum Beispiel die Bahnlinie Löhne-Elze, wo ein bereits vorhandenes zweites Gleis reaktiviert werden könnte. Damit könnte die Strecke Bielefeld-Hannover entlastet werden. Ähnliches gilt für die Strecke Minden-Nienburg, die zweigleisig als Hauptbahn in Richtung Hamburg ausgebaut und
mit der Wiedereröffnung einiger früherer Haltepunkte für viele potenzielle Pendler*innen nutzbar gemacht werden könnte. Die Strecken führen beide in Richtung Niedersachsen, ein Punkt, der vielleicht dafür gesorgt hat, dass man sich damit nicht näher beschäftigt hat. Allerdings pendeln viele Berufstätige inzwischen auch längere Strecken und das vom Bundesland unabhängig.

Kritisch sieht Schröder auch die Machbarkeit einiger Maßnahmen, die vom Gutachterbüro SMA in der Schweiz „vom Schreibtisch aus“ geplant worden sind. Statt vorhandene Knotenpunkte einzubeziehen, sei ein „mathematisch einwandfreies Fahrplankonstrukt“ entwickelt worden, bei dem sich dann in der Realität Züge an Orten treffen würden, an denen ein zweigleisiger Ausbau kaum möglich ist.

Ein wichtiger Punkt ist für Schröder außerdem, dass Fern- und Nahverkehr entkoppeln werden müsste. „Aktuell ist der Güter- vom Personenverkehr getrennt, was zur Folge hat, dass sich bei letzterem langsame Nah- und schnelle Fernverkehrszüge Gleise teilen müssen. Läuft nicht alles reibungslos, halten langsamere Züge oft schnellere auf oder müssen sie vorbeilassen. Güter- und Personennahverkehr fahren oft mit ähnlicher Geschwindigkeit und können so auch dichter hintereinander fahren.“

Schließlich empfiehlt Stephan Schröder eine Entkoppelung des S-Bahn-Konzepts von den Diskussionen um den Deutschlandtakt, „damit ihm kein Scheitern drohe.“

Irmgard Pehle, die auch mobilitätspolitische Sprecherin der grünen Kreistagsfraktion ist, wird das Thema mit in ihre Fraktion nehmen, um politisch deutlich zu machen, dass ein Konzept wie das einer S-Bahn OWL nicht auf die ICE-Trasse warten muss.

Stephan Schröder vom Bahnzentrum Ingenieurbüro
Regiobahn Mittelweser ©Bahnzentrum Ingenieurbüro