Mehrdad Mostofizadeh (grüner MdL/Essen): CORONA-Krisenstrategie des Landes NRW unzureichend/“Katastrophenpläne nicht ernst genommen, fehlende Kommunikation, keine Landes-Steuerung“

Stadt Herford. Erst ein Besuch in der neuen Recyclingbörse, dann im Haus Unter den Linden ein fachlicher Austausch zu aktuellen Fragen der Sozial- und Gesundheitspolitik. Der arbeits-, sozial- und gesundheitspolitische Sprecher der grünen Landtagsfraktion, Mehrdad Mostofizadeh (Essen), hatte am Montagabend ein volles Programm.

Das Vorstandsmitglied der Recycling-Börse, Claudio Vendramin, führte den Besucher aus dem Ruhrgebiet durch die neuen Verkaufs- und Aufarbeitungsräume an der Kiebitzstraße. Der grüne Abgeordnete war beeindruckt: „So ein Projekt hätten wir bei uns auch gerne – ökologische und arbeitsmarktpolitische Ziele sind hier hervorragend miteinander verbunden.“ Auch die künftig enge Kooperation mit dem städtischen Wertstoffhof stelle ein „nachahmenswertes Modell“ dar.

Im Haus Unter den Linden setzte Mostofizadeh nach einem kurzen Eingangsstatement – „Klimaschutz ist ein wesentlicher Beitrag für soziale Gerechtigkeit“ – zu einer tour d’horizon über wohnungs-, sozial- und gesundheitspolitische Themen an. Und es entspann sich eine Diskussion zu möglichen  Perspektiven einer neuen Bundesregierung mit grüner Beteiligung. Wohnungspolitisch plädierte er für eine Stärkung kommunaler Wohnungsbaugesellschaften, „um flächensparendes ökologisches und zugleich sozial gemischtes Bauen möglich zu machen.“ Kritisch bewertete Mostofizadeh dabei die noch immer geplante Fusion der beiden Branchengrößen Vonovia und Deutsche Wohnen.

Im Zentrum grüner sozialpolitischer Programmatik sieht der grüne Landtagsabgeordnete die Bürgerversicherung: „Es kann nicht sein, dass sich 10 % der Bevölkerung durch eine private Versicherung der solidarischen Finanzierung der Lebensrisiken Alter, Krankheit und Pflege entziehen können.“ Und auch bei der gegenwärtigen Kinderfinanzierung bestehe eine Schieflage: „Jedes Kind muss uns gleich viel wert sein – deshalb brauchen wir eine Kindergrundsicherung, die für alle Familien gleich ist und nicht Wohlhabende bevorzugt.“

In der CORONA-Pandemie diagnostiziert Mostofizadeh „Handlungsbedarf auf allen politischen Ebenen“: Die Kommunen müssten ihre Katastrophenpläne ernst nehmen, die Kommunikation zwischen Land und Kommunen sei „insgesamt suboptimal“ gewesen, und es bestehe die Notwendigkeit einer stärkeren landeseinheitlichen Steuerung und Koordination. Bei der gerade vom Land angekündigten Krankenhausreform gebe es „richtige Ansätze“ – es fehle aber an einer „gesamthaften Perspektive aus stationärer und ambulanter Versorgung“.

Am Ende der Veranstaltung durfte ein kleiner Ausflug in die aktuelle Außenpolitik nicht fehlen: „Es ist völlig unverständlich, dass nicht an eine frühzeitige Evakuierung des Botschaftspersonals, vor allem aber der afghanischen Ortskräfte gedacht worden ist.“ In Anbetracht dieses „Staatsversagens“ sei ein Rücktritt nicht nur des Außenministers Maas unausweichlich, so Mostofizadeh zum Abschluss. – Sprachs – und traf möglicherweise damit die allgemeine Stimmung der Zuhörer*innen.

Fotos: (1) Zu Besuch in der Recycling-Börse (mit Claudio Vendramin (3.v.l.), Mehrdad Mostofizadeh (r.)); (2) Im Haus Unter den Linden (v.l.n.r. Irene Broßeit, Sprecherin des grünen Stadtverbandes; Mehrdad Mostofizadeh; Heidi Hetz, grünes Stadtverbandsmitglied)